Insolvenz in Eigenverwaltung: lautet die Lösung!
Klaus Ziegler eilt Firmen zu Hilfe, bei denen es brennt. Im FT-Interview erzählt er, dass Corona für ihn nicht das ganz große Problem ist - und dass Scheitern auch eine zweite Chance bedeuten kann.
Herr Ziegler, bereitet Ihnen die aktuelle Pandemie eigentlich mehr Arbeit? Viele Firmen scheinen ja gerade ums Überleben zu kämpfen. . .
Die große Insolvenzwelle wurde zwar prognostiziert, sie ist aber bislang noch nicht gekommen. Und alleine wegen Corona wird’s die auch nicht geben. Zumal einige Firmen durch die Hilfen vom Staat mehr Geld bekommen als sie eigentlich benötigen. Damit sind strukturelle Probleme einfach nur zugedeckt worden. Ich denke, dass beim einen oder anderen Unternehmen, das sich mit den Staatshilfen durch die Krise hangelt, das böse Erwachen erst danach kommt – unabhängig von Corona. Die Pandemie macht vielen Firmen eher in anderen Bereichen Schwierigkeiten, was sich auch seit ein paar Wochen deutlich bei den eingehenden Anfragen abzeichnet. Stichworte: Personalmangel, Lieferengpässe, Preissteigerungen und insbesondere sich verändernde Geschäftsmodelle.
„Sanierungs- statt Vernichtungskultur“ lautet ja Ihr Firmenmotto. Und Sie werben mit einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Wie läuft so etwas ab?
Wichtig ist, dass sich die Unternehmen rechtzeitig an uns wenden. Denn nur, wenn die Firma noch sanierungsfähig ist, haben wir die Möglichkeit, sie zu retten. Dies checken wir in einer ersten Sanierungsanalyse. In Eigenverwaltung bedeutet, dass kein Insolvenzverwalter das Unternehmen übernimmt, sondern der bisherige Chef an Bord bleibt und nicht vom Hof gejagt wird. Das ist auch wichtig für das Vertrauen von den Mitarbeitern, Kunden oder den Lieferanten. Er wird von einem Sanierungsexperten unterstützt, der ihm hilft, sein Unternehmen wieder auf Vordermann zu bringen. Die ersten drei Monate gibt es dann Insolvenzausfallgeld, um die Personalkosten zu überbrücken. Außerdem können Miet- oder Leasingverträge sofort ohne Kostenbelastungen aufgelöst werden. Und der Geschäftsführer hat in dieser Phase die Zeit und Chance gewonnen, mit dem geschaffenen finanziellen Puffer die Sanierung anzugehen, ohne das Ruder aus der Hand zu geben. Wichtig für die Insolvenz in Eigenverwaltung ist, dass das Unternehmen sanierungsfähig bleibt und fortgeführt werden kann.
Wann ist denn der richtige Zeitpunkt, an dem sich Firmen an „Sanierer“ wie Sie wenden sollten?
Das ist tatsächlich die Frage, ob es den „richtigen“ Zeitpunkt überhaupt gibt. Wenn jedenfalls das Geschäft einbricht und man ernsthafte Probleme hat, seine Löhne, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zu bezahlen, kann es schon zu spät sein. Da wär’s besser, etwas früher zu kommen.
Leidet man in Ihrer Position eigentlich mit der einen oder anderen Firma mit, wenn es die böse erwischt hat? Oder schaffen Sie es, immer sachlich und distanziert zu bleiben?
Fakt ist: In all solchen Fällen geht es um die Existenz. Und wenn man dann gerade bei gefährdeten kleineren, mittelständischen Unternehmen mitkriegt, wie viel an Privatvermögen da schon geopfert worden ist, tut einem so etwas schon weh. Da denkt man sich dann immer wieder: „Wären die doch bloß früher gekommen.“ Aber da geht’s halt auch um Themen wie Scham und Scheitern. Es ist dann irgendwo schon verständlich, dass so mancher Firmenchef bis zum Schluss alles tut, um sein Gesicht nicht zu verlieren. Das ist aber leider falsch, denn Scheitern kann auch eine zweite Chance bedeuten. Meine ganz persönliche Formel dazu ist: Erfolg = Scheitern + Lernen.