Insolvenz in Eigenverwaltung Crash ohne Boom und Bang
Konkurs. Was für ein Gänsehautbegriff. Hier vereinen sich die Faust in der Magengrube und der Schlag ins Gesicht zum rationalen wie emotionalen Genickbruch. Panik, Fehlentscheidungen, Straftaten, Verzweiflung. Kein Wunder, denn lange Zeit blieb das Maß aller Dinge, was die Konkursordnung aus dem 18. Jahrhundert vorgab: zerschlagen, verkaufen, schnell, schnell, damit noch möglichst jeder möglichst viel von seinem Geld kriegt. Unternehmen blieben (und tun es heute noch) auf der Strecke. Die Angst vor der Schlachtbank ließ viele ihre Insolvenz viel zu spät anmelden. 2012 reagierte der Gesetzgeber und führte „die Insolvenz in Eigenverwaltung“ ein. Damit können Unternehmen ein Insolvenzverfahren so gestalten, dass maximale Chancen auf den Erhalt des Unternehmens bestehen und alles panikfrei „sauber“ abgewickelt wird. Kurz:
Mix Ausgabe April 2024 von Kay Müller
Sanieren statt ruinieren
Thomas Planer, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Planer & Kollegen GmbH in Landsberg, ist mit seinem Team genau darauf spezialisiert. Den Unterschied der Eigenverwaltung zur regulären Insolvenz (Regelinsolvenz) bringt er eindringlich auf den Punkt: „Das ist ein Sanierungswerkzeug und kein Vernichtungswerkzeug.“ Konkret: In der Regelinsolvenz liegen alle Verfügungs- und Entscheidungsbefugnisse beim Insolvenzverwalter. Auf dieser Ebene wird das Aus des Unternehmens als gegeben hingenommen. Es geht nur noch um die Verwertung dessen, was da ist und die Verteilung von Werten an die Gläubiger. Danach kommt nichts mehr, weil das Unternehmen eben nicht mehr existiert. Bei der Insolvenz in Eigenverwaltung dreht sich alles um Erhalt und Sanierung. Forderungen von Gläubigern werden in dem Maße erfüllt, wie es für die Weiterführung des Unternehmens verkraftbar ist. Parallel wird analysiert und umgesetzt, durch welche zusätzlichen Maßnahmen sich das Unternehmen wieder trägt und zukunftsfähig aufgestellt ist. So gehen Gläubiger nicht leer aus und können als Lieferant oder Kunde von dem Unternehmen künftig profitieren. Das macht Unte4rnehmen im Eigeninsolvenzverfahren für Investoren besonders interessant. Weitere Vorteile der Eigenverwaltung sind die Schutzrechte und der Liquiditätssupport. Keiner kann pfänden. Aus Verträgen, die man nicht aufrechterhalten will, kommt man raus. Während des dreimonatigen vorläufigen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung zahlt man weder Umsatzsteuer noch Lohnsteuer und wird mit Insolvenzgeld vom Staat unterstützt.
Das Verfahren
Ein Eigenverwaltungsverfahren, das nicht genehmigt werden kann, beantragt Planer erst gar nicht. „Man kennt mich als seriös. Deshalb habe ich eine Erfolgsquote von annähernd 100%.“ Besteht Aussicht auf Erfolg, läuft es so: Planer macht sich anhand von Fakten und in einem mehrstufigen Erstgespräch ein Bild vom Krisenstatus – ohne Kosten für den Kunden. Es folgt der Vertragsabschluss über die Leistungen, die detaillierte Sanierungsanalyse und Darlegung der Lösungsmöglichkeiten. Gelegentlich probieren Mandanten, es allein aus der Misere zu schaffen. Planer bedauernd: „Die meisten kommen dann nach einem halben Jahr und ich kann oft nicht mehr tun, als einen guten Strafverteidiger zu empfehlen“. Basis für die Eigenverwaltung ist ein konkreter Anforderungskatalog ähnlich einem Businessplan für die nächsten 6 Monate. Ist er gut ausgearbeitet und hält dem Gutachten des Gerichts stand, stimmt es fast immer dem Verfahren in Eigenverwaltung zu. Augsburg sei in diesem Punkt hervorragend, merkt Planer an, während München sich als ausgesprochen kritisches Insolvenzgericht erweise. Immer überwacht ein Sachverwalter vom Gericht, ob alles im Interesse der Gläubiger richtig läuft. Acht Wochen nach Verfahrenseröffnung entscheidet die Gläubigerversammlung darüber, ob die Eigenverwaltung fortgesetzt wird oder in eine Regelinsolvenz übergeht. Ein einmal genehmigtes Eigenverwaltungsverahre4n in ein Regelinsolvenzverfahren zu überführen, bedarf eines handfesten Grundes. Der liegt beispielsweise vor, wenn die Gläubiger durch die Eigenverwaltung im Vergleich zur Regelinsolvenz benachteiligt wären. Am Ende des Verfahrens steht ein Insolvenzplan, der den Vergleich mit den Gläubigern genehmigt, ist das Verfahren aufgehoben und das Unternehmen wieder am Markt normal tätig.
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Unternehmen in Schwierigkeiten
Drei ermutigende Empfehlungen für den Weg raus aus der Not!
Coronaverschuldung, sinnlose Prestige- und Image-Investitionen, versäumte Vertriebsaktivitäten, Kostenexplosion, verschärfter Wettbewerb, … Es häufen sich die Schräglagen von Unternehmen. Besonders die Bau- und Gastronomie-Branche leidet. Thomas Planer hat gedankliche Erstversorgung parat für alle, die sich in Richtung Insolvenz bewegen:
- In der Ruhe liegt die Kraft.
- Vom Reagieren ins Agieren kommen.
- Finger weg von Lösungsansätzen, wenn sie auch nur im Entferntesten illegal erscheinen.
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Fels in der Brandung und Betroffenen-Flüsterer
Die Gespräche mit Gläubigern erfordern hohe soziale Kompetenz, vor allem Empathie. Planer setzt sie frühestmöglich an. „Uns allen muss klar sein, dass die Leute in einer schlimmen Situation sind. Anfangs werden sie irrational reagieren. Wir müssen der Fels in der Brandung bleiben.“ Allerdings komme es auch überraschend oft vor, dass Lieferanten eines angeschlagenen Unternehmens auf die Nachricht der Insolvenz in Eigenverwaltung positiv reagieren. „Endlich machst du das“, ist laut Planers Erfahrung der typische Tenor bei schon länger bestehenden Geschäftsbeziehungen, wenn das Straucheln spürbar geworden war, etwa durch häufige Zahlungsverzögerungen. Einführungsvermögen ist auch in Planers Zusammenarbeit mit den Eigeninsolvenzverwaltern gefragt. Dabei geht es in der insgesamt sensiblen Situation nicht zuletzt um das Herantasten an Ungereimtheiten und Verstöße. Ein guter Draht und tiefes Vertrauen und können dazu beitragen, unwissentlich Straftaten zu begehen.
Empathie trifft Know-how und Tatkraft
In Planers Team aus Juristen, Betriebswirtschaftlern, Anwälte und weiteren Spezialisten weht ein starker Macher-Mindset. „Wir setzen von erstem Tag an um.“ Entbehrliche Kostenfaktoren weg, Vertrieb anschieben, … Dabei rollen die Steine nur so vom Herzen. Schon das erste Gespräch bringt deutliche Erleichterung. Typisches Feedback von Planers Mandanten: „Das war jetzt die erste Nacht, wo ich seit langer Zeit mal wieder durchgeschlafen habe.“ Vorher bemühen sich die meisten, ihre Lage unter der Decke zu halten. Das mache keinen Sinn, sagt Planer, weil die meisten Gläubiger die Krise ohnehin schon vermuten oder bemerkt haben. „Die letzte, die es erfährt, ist meistens die Ehefrau.“
Erkennt die Zeichen und währet den Anfängen
„Nicht kommen, wenn die Liquidität weg ist, sondern wenn sie abnimmt“, sagt Planer eindringlich. Kaum jemand kann von sich behaupten von einer Krise überrascht worden zu sein. „Die meisten spüren und wissen, wenn ihr Unternehmen da hineinrutscht..“ Ein gewisses Maß an Verdrängung, Wunschdenken und Schönrechnen mag menschlich und verständlich sein. Doch wenn die Verbindlichkeiten öfters höher sind als die Forderungen, sollte man sich umgehend Hilfe holen.
Thomas Planer
Berufung, Emotion und Krimi-Stoff
Seit Bestehen der Insolvenz in Eigenverwaltung hat Planer mit seinem Team über 300 Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchgeführt. Als Sohn eines von Existenzängsten geplagten Metzgers war ihm sein unternehmerfreundliches Engagement ein Stück weit in die Wiege gelegt. Nach de Abitur stand für ihn fest: „Ich möchte kleine und mittelständische Unternehmen sanieren.“ Dass in seinem Fall Business und Berufung, analytischer Verstand und Emotion zusammenspielen, wird vor allem in zwei Kommentaren spürbar: Ich war froh, dass die Eigenverwaltung Einzug in das Rechtssystem genommen hat, weil man auch schnell in die Insolvenzverschleppung rutscht.“ Und: Er liebe, was er da macht, weil er genau damit Unternehmern am meisten helfen könne. Als Lieblingsreferenz für sein Wirken nennt er Franziska Weihbrecht. Neben desaströsen privaten Gegebenheiten hat die Unternehmerin in ihren jüngste erschienen Schwarzwaldkrimi „Kuckuksuhren lügen nicht“ die bahnbrechenden Erfahrungen mit Thomas Planers Arbeit einfließen lassen. „Der Mandantin geht es heute gut“, sagt der Sanierungsspezialist ein bisschen stolz, „und ihrem Unternehmen auch.“