Erst Nachfolge, dann Insolvenz!

Impuls vom Juni 2023
Impulse Ausgabe vom Juni 2023

Firmenübergabe; Als Franziska Weihbrecht das Unternehmen ihres Vaters übernimmt, entdeckt sie, dass es fast zahlungsunfähig ist. Wie sie mit der Erblast umging und es schaffte, den Betrieb zu retten.

Text: Christian Heinrich

Manchmal muss man aufgeben, um am Ende doch zu gewinnen. Diese Erfahrung hat Franziska Weihbrecht in den vergangen zwei Jahren gemacht, nachdem sie die Familienfirma Weihbrecht Lasertechnik mit rund 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernahm. Die 36-Jährige - aufrechte Haltung, braune Haare, ein entschlossener Geschichtsausdruck – sitzt in ihrem Büro im Hauptgebäude im baden-württembergischen Wolpertshausen und lächelt etwas erschöpft. Zwei Stunden lang hat sie ihre unglaubliche Geschichte erzählt: wie sie erst widerwillig in die Firma kam, die ihr Vater gegründet hatte. Wie ihre Familie um die Nachfolge gestritten habe und schließlich auseinandergebrochen sei. Und wie sie entdeckte, dass das Unternehmen fast zahlungsunfähig war – im Grunde kaum Überlebenschancen hatte -, nachdem der Vater es ihr übergeben hatte und sie endlich als Geschäftsführerin loslegen konnte. Was für eine Erblast.

Doch Franziska Weihbrecht wollte sich nicht geschlagen geben. Um Weihbrecht Lasertechnik zu retten, sah sie den einzigen Ausweg darin, schnell in die Insolvenz zu gehen. Ihr Vater war dagegen. Geschäftspartner rieten ihr von diesem Schritt ab. Auch einige aus der Belegschaft versuchten, die Chefin aufzuhalten.

Doch Franziska Weihbrecht sanierte den Familienbetrieb gegen alle Wiederstände und schöpfte auch in schwierigen Zeiten immer wieder neuen Mut. Wie ist der jungen Unternehmerin das gelungen?

Wie sehr Weihbrecht Lasertechnik einmal am Abgrund stehen würde, davon ahnte Franziska Weihbrecht nichts, als sie 2007 von ihrem Vater Gerhard Weihbrecht überreden ließ, im elterlichen Betrieb eine Ausbildung zur Industriekauffrau zu machen.

In dem mittelständischen Unternehmen arbeiten auch die Mutter sowie ihre zwei Brüder, einer sieben und einer neun Jahre älter als sie. „Ich war in der rebellischen Phase und dachte eigentlich nur an meine eine große Leidenschaft damals: das Westernreiten. Einen Job im Büro konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen. Die Ausbildung hatte ich daher zähneknirschend begonnen“, erzählt Franziska Weihbrecht.

Doch im Laufe der zwei Ausbildungsjahre änderte sich ihre Einstellung zum Familienbetrieb: „Ich begann mich immer mehr für das Unternehmen und die Abläufe darin zu interessieren“, sagt Franziska Weihbrecht. Sie begleitete ihren Vater zu Messen, Bankterminen und Kunden, lernte das Unternehmen von vielen Seiten kennen. 2013 stieg sie zur Assistentin der Geschäftsführung auf.

Ihr Vater Gerhard Weihbrecht hatte den Betrieb 1986 gegründet und zu einem Spezialisten für Laser- und Wasserstrahlschneiden entwickelt. Der Betrieb fertigte individuelle Bauteile für Kunden aus der Automobil- und Maschinenbaubranche. Das Unternehmen ist in einem Nischenmarkt erfolgreich, wird von Kunden und Vertragspartner geschätzt.

Der Vater gefährdet den Ruf der Firma, Kinder sollen übernehmen

Doch der gute Ruf gerät in Gefahr, als sich die Gesinnung des Vaters ändert. „Mein Vater hat sich politisch in Richtung Reichsbürger orientiert: Er bekannte bestehende Strukturen immer weniger an“, so schildert es Franziska Weihbrecht. Er sei immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten, habe einmal ein Bußgeld nicht zahlen wollen, was weitere juristische Konsequenzen nach sich gezogen habe, erzählt sie. Der Vater selbst würde sich nicht als „Reichsbürger“ bezeichnen, gibt aber später in einem Telefongespräch mit Impulse zu, sich politisch neu orientiert zu haben.

Wie auch immer, die Familie befürchtet, dass seine Einstellung und sein Verhalten der Firma schaden könnten. 2016 beschloss der Unternehmer Gerhard Weihbrecht, den Betrieb an seine Kinder zu übergeben.

Der Generationenwechsel gestaltete sich jedoch schwierig. Franziska Weihbrecht habe schon seit geraumer Zeit mit ihren Brüdern um die Nachfolge gestritten, habe andere Vorstellung gehabt, wie das Unternehmen zu führen sei. Bald stand fest, dass die Geschwister es gemeinsam nicht machen werden. „Unsere Familie hat es sich nicht immer leichtgemacht. Und das ist noch freundlich ausgedrückt“, sagt Franziska Weihbrecht seufzend.

Nach einigen Hin und Her bekam Franziska Weihbrecht 2017 von ihrem Vater die Geschäftsführung der Weihbrecht Lasertechnik GmbH übergeben. Der heute 70 – Jährige wollte im Hintergrund bleiben und die Tochter beraten. Doch wegen seiner politischen Einstellung wurde das Miteinander immer schwieriger, sie stritten sich öfter, erzählt Franziska Weihbrecht. Sie stand am Ende als Geschäftsführerin allein da. Gerhard Weihbrecht sagt: Er habe seiner Tochter für 700.000 Euro das Unternehmen verkauft, „Bis heute habe ich keinen Cent davon gesehen.“

Nach der Übergabe verließen die Brüder den Betrieb, später auch ihre Mutter. Franziska Weihbrecht sagt, sie habe zu allen drei kein gutes Verhältnis und den Kontakt mittlerweile abgebrochen. Sie glaubt, dass ihre Mutter lieber die Söhne an der Spitze des Unternehmens sehen wollte.

Wichtige Kunden springen ab, hohe Pensionszusagen belasten die Firma

Unternehmerin Franziska Weihbrecht-Stein und Sanierungsexperte Thomas Planer von Planer und Kollegen

Erst 2018 befasste sich die Unternehmerin genauer mit den Finanzen des Familienbetriebs und erschrak, in welch einem prekären Zustand der Vater ihr Weihbrecht Lasertechnik überlassen hatte: Zum Beispiel schrumpft der Umsatz der die beiden Hauptsparten Kunststoff und Metall. Als Franziska Weihbrecht mit dem Abteilungsleiter darüber sprach, winkte dieser ab: Das werde alles wieder ins Lot kommen, erzählt die Unternehmerin.

Doch sie forschte genauer nach und fand heraus, dass unter anderen zwei große Stammkunden gekündigt haben, nachdem sie von der politischen Orientierung des einstigen Firmeninhabers gehört hatten. Die Befürchtungen, der gute Ruf könnte Schaden nehmen, bewahrheiteten sich. Als die Tochter ihren Vater darauf ansprach, sagte er: Du bist jung, du kriegst schon noch die Kurve.

Aber wie? Das Jahresminus wurde größer – und Franziska Weihbrecht fragte sich, wie lange sie noch die Löhne zahlen kann. Und diese waren ohnehin enorm hoch, wie sie ebenfalls feststellte: „Ich stolperte über die Personalkosten“, erinnert sich die Unternehmerin.

Bei genauem Hinschauen stieß Franziska Weihbrecht auf die nächste und größte Hiobsbotschaft: Ihre Eltern, die inzwischen getrennt sind, hatten im Betrieb verankert, Pensionszahlung von jeweils knapp 100.000 Euro im Jahr zu erhalten. Doch es fehlten entsprechende Rücklagen.

Der Umsatz der Firma schwankte laut Informationsdienst Northdata zwischen den Jahren 2013 und 2021 um die 7 und 8 Millionen Euro. „Wir kämpften mit den schwarzen Zahlen, aber wenn noch einmal knapp 200.000 Euro einfach so weggehen, dann hat man praktisch gar keine Chance, wieder auf einen grünen Zweig zu kommen“, sagt Franziska Weihbrecht.

Der Vater bestätigt, dass er die Rücklagen 2011 oder 2012 auflöste, um Verluste auszugleichen, beteuert aber, dass er nur wenige Monate Pensionszahlung erhalten habe.

Ganz gleich, wie viel Geld geflossen war, die Pensionszusage ohne Rücklage stellten ein enormes Risiko dar, da sich solche Regelungen nicht einfach umstoßen lassen, das war der Unternehmerin klar. Franziska Weihbrecht beschloss, um die Firma zu kämpfen. Nur wie soll sie sich von diesen Lasten befreien?

Auf der Suche nach Lösungen stößt sie auf etwas, was ihr geeignet und nachhaltig erscheint: eine Insolvenz in Eigenverwaltung, bei der sie selbst als Geschäftsführerin das Unternehmen weiterführen und wieder neu aufstellen kann. Bei einer klassischen Insolvenz übernimmt ein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter die Zügel. (Welche Voraussetzung bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung erfüllt sein müssen, lesen Sie im Kästchen unten.)

Freunde und Geschäftspartner raten von einem Insolvenzverfahren ab

Unternehmerin Franziska Weihbrecht-Stein
Unternehmerin Franziska Weihbrecht-Stein

Die Weihbrecht-Chefin fragte Freunde und Geschäftspartner, wie sie vorgehen und wer Ihr dabei helfen könne. Doch der Tenor war einhellig: Bei einer Insolvenz könne man nur verlieren. Doch sie ließ nicht locker, fragte sich weiter durch, bis ihr im Dezember 2019 von einem Geschäftspartner eine Unternehmensberatung, spezialisiert auf die Sanierung von kleinen und mittelständischen Betrieben, empfohlen wird, die Insolvenz in Eigenverwaltung begleitet.

Noch vor Weihnachten fuhr die Chefin nach Landsberg am Lech in Bayern und unterhielt sich drei Stunden lang mit Thomas Planer Mitinhaber des Insolvenz- und Sanierungsspezialisten Planer & Kollegen. „Franziska Weihbrecht war eine der wenigen Interessentinnen, die sich bereits mit dem Ziel an uns gewandt hat, eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchzuführen“, sagt Thomas Planer. Viele andere Unternehmerinnen und Unternehmer in Not müsse der Insolvenzexperte dagegen erst davon überzeugen, dass dies ein geeigneter Weg ist, um einen Betrieb zu sanieren.

Der Experte hat einen geübten Blick beim Lesen von Bilanzen, er kann schnell beurteilen, ob eine Insolvenz in Eigenverwaltung Erfolg versprechend ist. Ist dies nicht der Fall, lehnt er eine Begleitung des Verfahrens ab. Dies ist bei drei von vier Unternehmen der Fall.

Bei Weihbrecht Lasertechnik hingegen bracht Thomas Planer nicht lange zu zögern. Er hat die Wurzel des Problems schnell gefunden; die übergroßen Pensionszahlungen, vor allem an die Eltern der Geschäftsführerin. Er erklärt Franziska Weihbrecht, dass Firmen in Insolvenz sich aus allen verlustbringenden Verträgen vorzeitig lösen können.

Zudem kann bei der Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld beantragt werden, das Unternehmen bekommt dann bis zu drei Monate lang die Personalkosten bezahlt. „Ein Gamechanger ist das natürlich nur bei einem Unternehmen, das im Kern gesund ist und die Aussicht hat, in naher Zukunft wieder solide Erträge zu erwirtschaften“ sagt der Insolvenz- und Sanierungsexperte Thomas Plane. Aus seiner Sicht waren die Voraussetzung bei Weihbrecht Lasertechnik gegeben.

Franziska Weihbrecht beantragte nach der Beratung vor Gericht ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und berief daraufhin eine Betriebsversammlung ein. Die rund 85 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen versammelten sich in der Werkshalle, und Franziska Weihbrecht verkündete ihren Angestellten, dass sie eine schwere Entscheidung habe treffen müssen. Die Chefin erklärte, warum die Insolvenz notwendig sei, und sie versicherte, dass die allermeisten Arbeitsplätze erhalten bleiben würden, aber eben nicht alle.

Einige Teammitglieder sehen die Tochter des Gründers als gescheitert

Die Angestellten reagierten unterschiedlich auf die Botschaft. Einige sahen die Tochter des Unternehmensgründers als gescheitert – und die Insolvenz als das Ende von Weihbrecht Lasertechnik.

So rief ein Mitarbeiter den Vater vom Handy an, um von der Betriebsversammlung und den Plänen seiner neuen Chefin zu erzählen. Gerhard Weihbrecht bestätigte, dass er angerufen und daraufhin zur Versammlung eilte, um einzuschreiten und um die Tochter aufzuhalten. Franziska Weihbrecht dagegen wollte ihn eigentlich erst nach der Veranstaltung informieren.

Doch der Vater platzte mitten in die Betriebsversammlung, schlug die Tür auf, die mit Wucht gegen die Wand knallte. Dann betrat Gerhard Weihbrecht die Halle und rannte auf die Bühne. Er ging schimpfend auf den Sanierungsverwalter Thomas Planer los und rief laut: „Das machen wir nicht.“

„Mir blieb fast das Herz stehen, als er auf die Bühne stürmte. Ich dachte, um Gottes Willen, das gibt ein Eklat“, erinnert sich Andrea Breithaupt, die als kaufmännische Leiterin bei Weihbrecht arbeitet, und die Ereignisse auf der Betriebsversammlung erlebte. Sie selbst habe ihrer Chefin vertraut und darauf, dass es nach der Insolvenz weitergeht.

Franziska Weihbrecht, die sich in diesem Moment für ihren Vater schämte, versuchte mit ihm von der Bühne zu gehen, während der Sanierungsexperte Thomas Planer die Betriebsversammlung zu Ende Führte.

Chefin erhält Spott und Häme von Bekannten und über soziale Medien

Nicht nur von einigen aus der Belegschaft wird Franziska Weihbrechts Entscheidung für ein Insolvenzverfahren als Scheitern aufgenommen, In den sozialen Medien, im Bekanntenkreis und in der Region wird die junge Geschäftsführerin für die Situation verantwortlich gemacht. Die Kleine habe die Luft an der Spitze eines Betriebes geschnuppert – und jetzt Insolvenz, sie taugt eben nicht für größere Aufgaben, so der Tenor. „War, ja klar, kaum kriegt sie Verantwortung, wirft sie genervt hin“, schreibt jemand über sie auf Facebook.

„Es gab kaum direkte Anfeindungen, es war eher dieser Spott und diese Häme, die mich getroffen haben. Ich hätte mich am liebsten in einem Loch verkrochen. Was mich bei der Stange hielt, war die Überzeugung, das Richtige zu tun – und dies nach einer gewissen Zeit auch allen beweisen zu können“, Sagt Franziska Weihbrecht.

Zu dem mentalen Druck musste sie auch noch um die Firma zittern. Der betrieb wurde für rund 300.000 Euro zum Verkauf ausgeschrieben, das gehört in der Regel zu einem Insolvenzverfahren dazu.

Franziska Weihbrecht hörte, dass auch ihre Mutter den Betrieb verkaufen wollte. Daraufhin machte Franziska Weihbrecht selbst ein Gebot. Es folgte eine Zitterpartie, doch dann kam die erlösende Nachricht Franziska Weihbrecht bot doppelt so viel. Die Mutter war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Als das geklärt war, konnte die Chefin weiter vorgehen. Gemeinsam mit Thomas Planer besuchte Franziska Weihbrecht ihre Zulieferer – und was sie verkündete, war für keine Seite angenehm; Weihbrecht Lasertechnik konnte die Rechnung jetzt nicht bezahlen, aber man könne einen Teil in einiger Zeit zurückzahlen.

Der Sanierungsexperte Thomas Planer hat Erfahrung mit solchen Terminen: „Ich habe ihnen die Möglichkeiten genannt: Bei einer klassischen Insolvenz würden sie höchstwahrscheinlich nichts erhalten. Bei der Insolvenz in Eigenverwaltung würden sie später höchstwahrscheinlich einen relevanten Teil erhalten, das sind häufig 20 bis 30 Prozent.“

Gläubiger stimmen Verfahren zu, neue Verträge werden verhandelt

Alle Gläubiger stimmen dem Eigenverwaltungsverfahren zu – eine wichtige Voraussetzung, damit die Insolvenz erfolgreich zu Ende gebracht werden kann.

Franziska Weihbrecht kündigt auch die Pensionsverträge für ihre Eltern, sie verhandelte mithilfe von Thomas Planer verschiedene Verträge mit den Zulieferern und Kunden neu, und sie bauten einen finanziellen Puffer auf. im Laufe der Zeit wurden ebenfalls Stellen abgebaut, die Zahl der Teammitglieder schrumpft von 85 auf 65.

Im April 2022 feierte das Unternehmen ein „Insolvenzabschlussfest“, wie Franziska Weihbrecht es nennt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter applaudierten, als die neue Geschäftsführerin verkündete, die Sanierung sei erfolgreich abgeschlossen. Im Jahre 2022 erzielte Weihbrecht Lasertechnik sogar einen kleinen Gewinn.


Fünf Fragen zur Insolvenz Für wen sich eine Insolvenz in eignet, welche Hürden es gibt und wie es danach weitergeht

1. Für wen eignet sich eine Insolvenz in Eigenverwaltung?

Ob eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchgeführt werden kann, entscheidet das Insolvenzgericht. Es genehmigt ein Verfahren nur, wenn Unternehmer glaubhaft nachweisen können, dass sich der Betrieb erfolgreich sanieren lässt. Deshalb kommen für eine Insolvenz in Eigenverwaltung insbesondere Firmen infrage, die im Prinzip ein funktionierendes Geschäftsmodell haben und nur wegen besonderer Umstände in die Bredouille geraten sind, erklärt Thomas Planer, Mitinhaber des Insolvenz- und Sanierungsspezialisten Planer & Kollegen in Landsberg am Lech.

2. Wann ist der richtige Zeitpunkt für das Verfahren?

„Am besten noch, bevor die Zahlungsschwierigkeiten einsetzen“, sagt Planer. Denn ist die Firma bereits überschuldet oder zahlungsunfähig, muss sie Insolvenz anmelden. Es kommt dann fast immer zu einem klassischen Verfahren, bei dem die Geschäftsführer die Zügel nicht mehr in der Hand halten. Droht die Firma dagegen in naher Zukunft zahlungsunfähig zu werden, können die Inhaber Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen – und die Geschäfte selbst weiterführen. Seit dem 2021 eingeführten Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG, müssen Betriebe regelmäßig für zwei Jahre eine Liquiditäts- und Erfolgsplanung erstellen. Deshalb sollte eine drohende Pleite bereits Monate vorher absehbar sein, sagt Planer.

3. Brauche ich Unterstützung?

Damit eine Insolvenz in Eigenverwaltung genehmigt wird, braucht es unter anderem einen durchdachten Finanzierungs- und Sanierungsplan. Deshalb sollten sich Unternehmerinnen oder Unternehmer in der Regel im Vorfeld Unterstützung von Sanierungsexperten holen – oder gar von einem Investor, der sich an der Firma finanziell beteiligt.

4. Wie läuft das Verfahren ab?

Nimmt das Gericht den Insolvenzantrag an, beginnt das sogenannte vorläufige Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, das bis zu drei Monate dauern kann, Die Firma bekommt dann vom Gericht einen unabhängigen Sachwalter an die Seite gestellt, der mit den Geschäftsführern einen Sanierungsplan erarbeitet und sicherstellt, dass die Interessen der Gläubiger gewährt werden. Unternehmen können bei der Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld beantragen, das für bis zu drei Monate die Personalkosten übernimmt. Akzeptiert das Gericht den Sanierungsplan, eröffnet es das eigentliche Insolvenzverfahren.

5. Wie lange dauert eine Insolvenz in Eigenverwaltung?

Das Insolvenzverfahren kann bis zu zwei Jahre dauern. Am Ende steht ein Insolvenzplan, dem die Gläubiger zustimmen müssen. Gelingt der Schuldenschnitt, erklärt das Gericht die Insolvenz für beendet. Scheitert allerdings die Rettung entscheiden die Richter ob ein zweiter Versuch sinnvoll ist oder eine Regelinsolvenz eingeleitet werden muss. Im letzteren Fall hat ein Insolvenzverwalter dann das Sagen im Betrieb. Dieser verwaltet die Insolvenzmasse und bedient daraus die Gläubiger. Dadurch wird eine Rettung unwahrscheinlicher.