Wo die Altersversorge zum Insolvenzgrund wird

Die Pensionszusage, einst Steuersparmodell, heute Insolvenzgrund

Allgäuer Wirtschaftsmagazin 2/2023
Allgäuer Wirtschaftsmagazin Ausgabe 2/2023

In der Vergangenheit galten Pensionszusagen in mittelständischen Betrieben, die bei GmbH-Geschäftsführer und Führungspersonal als „Steuersparmodell“, aber auch materielle Anreize eingesetzt wurden.

Wo diese aber nicht ausreichend rückgedeckt wurden oder, in schlechten Zeiten, die Rückdeckung aufgelöst und wieder in das Unternehmen geflossen ist, führt diese nicht selten zu einer bilanziellen Überschuldung. Das gefährliche daran: Sie wird meist vom Unternehmer und/oder seinem Steuerberater als solche nicht erkannt oder unterbewertet!

Auch eine generelle Transformation der Märkte, Verkleinerung der Unternehmen und veränderte Strukturen haben darüber hinaus zu veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geführt. So haben viele der mittelständischen Betriebe, bei denen eine Pensionszusage für die Geschäftsleitung zugesagt war, heute nicht mehr die Ertragskraft, um zum Beispiel eine Pensionsverpflichtung ohne Rückdeckungsversicherung regelmäßig bedienen zu können.

Pensionszusage als Deal-Breaker

Nicht selten werden nicht oder nicht ausreichend rückgedeckte Pensionszusagen zum Deal-Breaker beim Verkauf des Unternehmens oder auch bei der Nachfolgeregelung.

Stellt doch die Übernahme dieser Pensionsverpflichtung faktisch eine Kaufpreiserhöhung dar. Denn gerade im Bereich der Unternehmensnachfolge ist eine unzureichende Pensionsrückstellung ein K.O.-Kriterium, da kein Kaufinteressent, Investor oder Nachfolger eine solche Belastung übernehmen wird.

Überschuldung führt zur Zahlungsunfähigkeit

Solange, wie die fehlende Deckungslücke in der Pensionszusage noch durch Eigenkapital gedeckt ist, passiert erst einmal nichts. Kritisch wird es, wenn die Deckungslücke zu einer sogenannten Überschuldung führt. Dann steht zur Überprüfung an, ob diese Überschuldung nicht bereits zur Insolvenzantragspflicht führt!

Sollte es sogar so weit kommen, dass die Pensionszusagen ausbezahlt werden müssen und diese das Unternehmen, mangels der vorhandenen Rückdeckung in Liquiditätsprobleme führt, droht möglicherweise bereits die Insolvenzverschleppung, da ja bereits bei Überschuldung hätte reagiert werden müssen.

Die Bilanzfalle

Mit dem BGH-Urteil IX ZR 285/14 vom 26.01.2017 haben sich die Vorgaben bei der Erstellung handelsrechtlicher Jahresabschlüsse für die steuerlichen Berater bei Erkennen einer buchmäßigen Überschuldung radikal geändert. konnte man in der Vergangenheit gewisse Freiheiten bei Kenntnis einer buchmäßigen Überschuldung einer Kapitalgesellschaft nutzen, so urteilen die Richter in besagtem Urteil sehr drastisch und werfen den steuerlichen Berater bei Falsch- oder Schlechtberatung im Rahmen der Bilanzerstellung eine empfindliche Mithaftung ein. Diese wird dann im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter oder Eigenverwalter zu prüfen sein und geltend gemacht werden müssen.

Will der Steuerberater hier korrekt handeln, führt dies dazu, dass die Herausgabe von Bilanzen mit ausgewiesener buchmäßiger Überschuldung zu Fortführungswerten nicht mehr möglich ist. Kann die Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigt werden, ist der Insolvenzantrag zwingend.

Auch hier haben sich seit dem 01.01.2022 die Haftungrisiken durch die Neueinführung des §102 StaRUG bei der Erstellung von Jahresabschlüssen für Mitglieder der steuerberatenden Berufe bei der Feststellung einer buchmäßigen Überschuldung noch einmal deutlich verschärft.

Denn wenn eine bilanzielle Überschuldung durch das Auflaufen der Pensionszusagen eingetreten ist und vermutlich eine positive Fortbestehens Prognose nicht mehr erstellt werden kann, weil die benötigte Liquidität und zur Rückstellung benötigten Erträge nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, gibt es keine Gestaltungsspielräume mehr, um eine Insolvenzantragspflicht zu vermeiden.

Es besteht die Verpflichtung des Steuerberaters, seinen Mandanten auf die bilanzielle Überschuldung und damit ggfs. verbundene Insolvenzantragspflicht, mangels positiver Fortbestehungsprognose ausdrücklich hinzuweisen. Auch ergibt sich die Verpflichtung, den Mandanten anzuhalten, einen Sanierungsspezialisten aufzusuchen. Der Steuerberater darf für die Bilanzerstellung nunmehr nur noch Zerschlagungswerte ansetzen. Sollte dies so nicht erfolgen, bestehen hohe Haftungsrisiken bei Unternehmern und Steuerberater im Zuge der späten Prüfung und Ermittlungen in den Bereichen Gläubigerbenachteiligung und Insolvenzverschleppung.

Welche Lösungsmöglichkeiten bestehen also? Verzicht auf die Pensionszusage?

Klaus Ziegler und Thomas Planer
Klaus Ziegler und Thomas Planer

Ein Verzicht des Pensionsbegünstigten läge als Lösungsansatz auf der Hand. Doch Vorsicht: Dieser Lösungsansatz muss vorab steuerlich individuell geprüft werden, in wieweit hieraus entstehende Steuerlasten bei dem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit auslöst.

Der Verzicht bzw. Teilverzicht auf Pensionszusagen bewirkt einen außerordentlichen Ertrag bei dem Pensionsgewährenden Unternehmen, der in der Regel Zahlungspflichten bei Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer auslösen kann. So gilt es zu prüfen, ob möglicherweise Verlustvorträge zur Verfügung stehen, die die Steuerpflicht teilweise oder ganz neutralisieren und/oder ob das Unternehmen in der Lage ist, die Steuerpflicht aus vorhandener Liquidität zu bedienen. in jeden Fall müssen bei Verzichts- bzw. Teilverzichterklärungen im Vorfeld die steuerlichen Auswirkungen im Unternehmen genauestens geprüft werden. Auch können bei dem verzichtenden Pensionsvergünstigten Steuerbelastungen entstehen, die ebenso vorab durch einen geeigneten Steuerberater ermittelt werden sollen.

In einer Vielzahl der Fälle ist es also der Verzicht keine wirkliche Lösung

Auslagerung von Pensionszusagen?

Eine weitere Möglichkeit, die Handelsbilanz des Überschuldeten Unternehmens zu entlasten, ist die Pensionszusage auf einen Pensionsfond auszulagern. Das ist auch die gängigste Art, um eine Unternehmen letztlich von der dauernden Last zu befreien. Die Restrukturierung eines Unternehmens durch die Auslagerung auf einen Pensionsfond ist jedoch nicht unproblematisch. Das Unternehmen muss nämlich in der Lage sein, einen bestimmten Teil der Summe, die nicht von der Rückdeckungsversicherung abgedeckt ist, im Rahmen einer solchen Auslagerung aufzubringen und nachzuzahlen. dies ist in den meisten Fällen nicht möglich, denn sonst hätten Unternehmer dies bereits durchführen können. Also leider nur eine mögliche, aber kaum durchführbare Lösung.

Auch die Auslagerung auf eine Unterstützungskasse ist eine Alternative. Aber auch hier muss eine entsprechende Rückdeckungsversicherung in berechneter Höhe vorhanden sein. Beide Möglichkeiten der Auslagerung funktionieren nur, wenn das Unternehmen die errechneten Defizite zwischen Rückdeckungsversicherung und Pensionszusage ausgleichen kann.

Planer & Kollegen kann helfen

Alle Sanierungsbemühungen beginnen mit einer fundierten Sanierungsanalyse. Ziel ist es, herauszufinden, in welchen Stand einer Krise sich das Unternehmen befindet und mit welchen Maßnahmen diese Krise beendet werden kann. Erst die Sanierungsanalyse zeigt auf, welches Sanierungsinstrument möglich und am erfolgversprechendsten ist.

Fazit

Mit dem erstmaligen Erkennen der Unterdeckung der Pensionszusagen tritt der Unternehmer in eine Krisensituation ein und damit in die Verpflichtungen analog des StaRUG Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz zu handeln.

Die meisten Unternehmer, aber auch deren Steuerberater, sind mit einer solchen Situation überfordert. Hier wird also ein erfahrener Sanierungsspezialist erforderlich, der sich auch mit der Erstellung von Sanierungsgutachten und Fortführungsprognosen, aber besonders auch mit der Sanierung innerhalb der Insolvenz in der Eigenverwaltung auskennt.