Wenn eine Insolvenz droht, ist aktives Handeln angesagt.
Wenn eine Insolvenz droht, ist aktives Handeln angesagt. Wie eine Insolvenz durch Eigenverwaltung erfolgreich abgewehrt und das Unternehmen wieder auf Kurs gebracht werden kann, verdeutlicht Sanierungsberater Thomas Planer von der Planer & Kollegen GmbH im Interview.
»Vor 30 Jahren wurde ein insolventer Unternehmer als kriminell eingestuft.«
Herr Planer, die Firmen-Pleite oder eine drohendeInsolvenz löst bei vielen Unternehmern und Be-triebsinhabern starke Ängste aus. Wie sollte manbei anhaltend roten Zahlen reagieren und wann istder richtige Zeitpunkt, um sich Unterstützung zusuchen?
Thomas Planer: Hauptproblem ist, dass die meisten Unternehmer zu spät Insolvenz anmelden. Das resultiert aus dem bis 2012 gültigen Zwang zur Regelinsolvenz, der zu massiven Ängsten bei den Betroffenen geführt hat: die Angst, auf der Straße zustehen oder der Zerschlagung des Betriebes durcheinen Insolvenzverwalter tatenlos zusehen zu müs-sen. Selbst das Risiko, der Insolvenzverschleppungangeklagt zu werden, wurde oft in Kauf genommen. Durch die Neuregelung des Insolvenzrechts 2012 gibt es mit der Eigenverwaltung ganz neue Möglichkeiten, wenn das Unternehmen sanierungsfähig ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Wahl des rich-tigen Ansprechpartners. Die meisten Unternehmergehen nur zum Fachanwalt für Insolvenzrecht, derallerdings meist zur Regelinsolvenz raten wird.Sinnvoller ist die Wahl eines Sanierungsberaters,der sich auf die Beratung innerhalb der selbstgeführten Insolvenz spezialisiert hat.
Ich halte den Weg des Gesetzgebers von 2012 fürden einzig richtigen. Denn in der Regelinsolvenzgab und gibt es keinen Zwang zur Sanierung. Dasheißt: Auch, wenn der Insolvenzverwalter von derZerschlagung eigentlich wenig hat, ist das für ihnbetriebswirtschaftlich oft die interessanteste Lö-sung. Sanierungen sind sehr aufwendig, da machtes mehr Sinn, mit der Manpower dreißig Unterneh-men zu zerschlagen als zehn zu sanieren. Die Vergütung richtet sich dabei übrigens nach der Insolvenzmasse – ob ein Verwalter dann saniert oder zerschlägt, spielt keine Rolle.
»Der größte Fehler ist, zu spät dran zu sein.«
Wie läuft ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ab?
Thomas Planer: Um eine Eigenverwaltung erfolg-reich beantragen zu können, benötigt der Unterneh-mer in den meisten Fällen einen Sanierer, der diefachliche Kompetenz zur Sanierung besitzt. Er mussnämlich nachweisen, dass er über die Kompetenzzur Sanierung verfügt. War der Antrag erfolgreich,kann anschließend ein Sanierungskonzept entwi-ckelt werden. Aus Zeitgründen gilt es immer zuerst,so schnell wie möglich den Antrag zu stellen undsich dann mit der Frage zu beschäftigen, wie dieSanierung ablaufen könnte.Die Frage, wie die finanzielle Situation vor dem In-solvenzantrag bewertet wird, hängt immer von derSichtweise ab, denn wirklich beurteilen kann manVieles erst im Nachhinein. Zum Beispiel, ob ein Un-ternehmer mit Zahlungsausfällen seiner Kundenhätte rechnen müssen, oder nicht und ob anschlie-ßend der Vorwurf der Insolvenzverschleppung er-hoben wird. Auch ein Sanierungsverfahren kann scheitern.Wenn der Sanierer erkennt, dass die Sanierungnicht funktionieren wird, muss er das Unterneh-men, Einzelteile davon oder einzelne Vermögensge-genstände den Gläubigern zur Verfügung stellen unddie Sanierung beenden
Was sind die größten Fehler bei Insolvenzverfahren, die Sie in der Praxis Beobachten?
Thomas Planer: Ich würde sagen, dass sind vor al-lem Fehler bei der Beantragung der Eigenverwal-tung oder ganz einfach die Tatsache, zu spät dranzu sein. Bei der Beantragung der Eigeninsolvenz wird leideroft der Fehler gemacht, dass auf den Beweis, dass das Unternehmen sanierungsfähig und -würdig ist,verzichtet wird. In der Folge wird das Gericht dieEigeninsolvenz verweigern, ebenso, wenn der Nachweis fehlt, über das nötige Insolvenz-Know-how zuverfügen. Ohne erfahrenen Sanierer glauben die wenigsten Gerichte, dass der Unternehmer das nötige Know-how hat, um die Sanierung abzuwickeln.
Wie sind Sie als Unternehmensberater zum Thema Insolvenz-Sanierung gekommen?
Thomas Planer: Ich komme aus einem mittelständi-schen Unternehmen. Dort habe ich einen Blick da-für bekommen, wie man mit Unternehmen umgeht,wenn es ihnen gut oder schlecht geht. Mit Unter-nehmern in der Krise war der Umgang vor 30 Jahreneine einzige Katastrophe. Denen hat niemand ge-holfen, die wurden als kriminell eingestuft. Daranwollte ich etwas verändern und bin aktiv in die Sanierung gegangen.
Eine sehr spannende Sanierung, die sie zuletzt er-folgreich durchgeführt haben, war der Betrieb Soe-tebeer Metallbau in Adendorf bei Lüneburg. Wiekam der Kontakt zustande und was hat sich als aus-schlaggebend erwiesen, um das Ruder herumreißenzu können?
Thomas Planer: Soetebeer kam über die Empfehlungeines Berufskollegen, der das Unternehmen vorherbegleitet und erkannt hatte, dass der Betrieb in eineKrise abgleitet. Da ihm das fachliche Know-howfehlte, hat er uns weiterempfohlen. Für eine erfolg-reiche Sanierung sind immer die gleichen Faktorenausschlaggebend, etwa ein Unternehmer, der bereitist, sein Verhalten zu ändern. In 80 Prozent der Fälleist der Unternehmer das Problem. Ist er bereit, etwaszu ändern, ist das die halbe Miete.
Wir haben die Ablauforganisation von Soetebeersehr stark verändert. Von der Akquisition bis zurKundenbelieferung haben wir komplett neue Prozesse aufgesetzt. Soetebeer musste extrem mit Auf-trägen in Vorleistungen gehen, und kam der Liqui-ditätsverlust zustande. Entscheidend war auch,schon bei der Antragstellung zur Eigenverwaltungein gutes Verhältnis zu Lieferanten und Kunden auf-zubauen.
»In 80 Prozent der Fälle ist der Unternehmer das Problem.«
Was für Prozessveränderungen sind sonst oft ein Problem?
Thomas Planer: Meistens beobachten wir Prozess-oder Kalkulationsprobleme. Es kann aber auch ander Auftragslage liegen, dann muss man versuchen,diese zu verbessern. Bei Unternehmen mit sehr langen Zyklen kann eine Sanierung hier auch teilweisescheitern – allerdings sind das nur sehr wenige Fälle.Was sich in letzter Zeit häuft, sind Insolvenzverfahren,die dadurch angeschoben werden, dass Unternehmendie Manpower fehlt, um die Aufträge abzuarbeiten.
Es scheitert also nicht an der Auftragslage, sondern ander Manpower, die für eine bestimmte Betriebsgrößenötig ist – Stichwort Fachkräftemangel. Das ist definitiv ein neues Phänomen. Hier kann man als Sanierungskonzept entweder das Unternehmen kleinerschnüren oder dabei unterstützen, neue Mitarbeiter zugewinnen. Der Mitarbeitermangel trifft eher die Kleinen, weil die Großen der Branche die Mitarbeiter abwerben. Viele KMU vergessen zudem, dass man nichtnur Kunden, sondern auch Mitarbeiter aktiv akquirieren muss. Das ist heute ein wesentlicher Erfolgsfaktorund auch ein branchenübergreifendes Thema.
www.metall-markt.net Ausgabe 01.2019