Bayreuther „Stadtengel“ beantragt Insolvenzverfahren

Schon wieder steckt ein Bayreuther Unternehmen in der Insolvenz.

Sanierungsexperte Thomas Planer begleitet den Stadtengel
Der 38-Jährige (links im Bild) ist nicht alleine mit seiner Meinung, dass der Fachkräftemangel ein Hauptgrund für die drohende Insolvenz war. Sanierungsexperte Thomas Planer (rechts im Bild) begleitet den Stadtengel durch die schwere Zeit der Insolvenz und blickt auf 30 Jahre Erfahrung zurück.

BayernReporter vom 15.02.2020

Erst gestern berichteten wir über das Ende des Bayreuther Sicherheitsunternehmen „ProSec“, heute geht es um den Friseur „Stadtengel“, der sich aber wieder selbst sanieren möchte, wie Inhaber Timo Hahne im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet. Unterstützt wird der Unternehmer von Thomas Planer, einem renommierten Sanierungsexperten aus Oberbayern. 

„Jeder Mensch ist schön“, das ist das Motto vom Friseur Stadtengel in Bayreuth. Nicht schön ist allerdings die derzeitige wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Denn der Fachkräftemangel habe den Salon in Schieflage gebracht, sagt Firmenchef Timo Hahne. Der 38-Jährige stammt aus einer Friseurfamilie. Seit über 80 Jahren und in dritter Generation geht es um Haare. Der Spiegel der menschlichen Seele, wie er sagt. Seit 2004 ist der gelernte Friseurmeister selbständig. Zuvor besuchte er die Meisterschule. Den Salon Stadtengel habe er 2014 eröffnet. Der erste eigene Laden sollte etwas besonderes werden. Exklusive und moderne Einrichtung sowie eine große Fläche mit zahlreichen Arbeitsplätzen.

„Wir leben in einer Tindergesellschaft“

Doch viele der Arbeitsplätze sind in den letzten Monaten unbesetzt. In exponierter Lage in der Richard-Wagner-Straße fehlt es dem 38-Jährigen nicht an Kunden, wie er sagt. Es sei der Fachkräftemangel, der ihm zu schaffen macht. Denn viele Kundenanfragen seien vorhanden. Nur fehlt es an qualifiziertem Personal. Das sei aber wichtig, damit sich auch die große Ladenfläche bezahlt macht. Zudem sorge die Fluktuation bei den Mitarbeitern immer wieder für Probleme. „Wir leben in einer Tindergesellschaft“, sagt Hahne. „Lieber austauschen oder auswechseln, statt anpacken und richten“. Ein Mitarbeiter würde generell rund sechs Monate Zeit brauchen, um sich in den Betrieb zu integrieren. Erst dann habe er sich angepasst und könne vollwertig und rentabel eingesetzt werden. In der heutigen Zeit sei es aber selten, dass sich Mitarbeiter längere Zeit an einen Betrieb binden.

Planer sieht nach eigenen Angaben seit zwei Jahren einen deutlichen Anstieg der Insolvenzverfahren in der Eigenverwaltung. Ein Instrument, das nicht nur bei den Unternehmern, sondern auch bei dem Gläubigern beliebt ist. Denn es bringt eine höhere Wertschöpfung mit sich, erklärt Planer. Niemandem nütze eine Geschäftsaufgabe. Die gesunde Sanierung sei das Erfolgskonzept für die Zukunft. Im Eigenverwaltungsverfahren übernimmt der Sanierer wesentliche Aufgaben, die im herkömmlichen Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter durchgeführt worden sind. Üblicherweise verfügt der
Unternehmer nicht über das fachliche und juristische Wissen im Bereich der Abwicklung eines Eigenverwaltungsverfahrens.

Da es in der Eigenverwaltung bestimmte Vorgaben gibt, die einzuhalten sind, sei es laut Planer wichtig, dass diese Aufgabe von jemandem übernommen wird, der über genau dieses juristische Wissen und diese Erfahrung verfügt. Seine Firma unterstütze den Stadtengel nach besten Wissen und Gewissen. Ebenso wichtig sei aber der vom Gericht bestellte Sachwalter. Der Bayreuther Sanierungsspezialist Peter Roeger wurde hierfür beigeordnet. Er ist der Leiter der Bayreuther Niederlassung der bundesweit tätigen Sanierungs- und Restrukturierungsgesellschaft Pluta. Roeger begleitet unter anderem auch die Sanierung von Möbel Becher in Bayreuth.

Rechtzeitig die Reißleine gezogen

Genau ein solches Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragte Hahne im November 2019. „Die Gerichte stimmen dieser Variante im Regelfall nur dann zu, wenn das Unternehmen auch nachweislich sanierungsfähig sei“, sagt Experte Thomas Planer. Das Bayreuther Amtsgericht habe alle Unterlagen geprüft und zugestimmt. Seit dem 1. Februar befindet sich der Stadtengel nun also in dieser besonderen Form der Insolvenz, die man auch als „Schutzschirmverfahren“ bezeichnet. „Eine erfolgreiche Sanierung beginnt bereits bei der Verhinderung einer Insolvenz“, erklärt der Sanierungsexperte. Es gehe um die gezielte, positive und geordnete Abwicklung einer Insolvenz oder eben der Fortführung eines Unternehmens. Diese könne innerhalb eines Insolvenzplanverfahrens oder einer übertragenden Sanierung erfolgen.

„Die Hausaufgaben dazu wurden zum Glück schon frühzeitig gemacht“, sagt Planer. Denn man habe bereits wieder Gewinne erwirtschaftet und befinde sich auf einem guten Weg. Stadtengel Timo Hahne erkannte demnach rechtzeitig seine finanzielle Schieflage. Eine wichtige Komponente, auch für die Mitarbeiter. Denn Entlassungen stehen ebenso wenig im Raum, wie eine Verkleinerung der Räumlichkeiten. Im Gegenteil. „Wichtig sind jetzt Fachkräfte und Azubis“, sagt Planer. Dann könne man weiterhin auf gutem Niveau arbeiten und vorhandene Kapazitäten nutzen.